HNA vom 26.01.2010

von Peter Dilling

Nieste. Die Niester sind stolz auf ihr kleines Dorf und pflegen ihre Eigenheiten. Das merkt man auch im Karneval. Hier darf es in der närrischen Zeit etwas deftiger und heftiger zugehen als anderswo in Nordhessen. Hier gibt es in der Bütt und auf der Bühne keinen karnevalistischen Einheitsbrei, sondern eine mit Lokalkolorit gewürzte, scharfe närrische Suppe.

So war es auch am Samstagabend im vollen Saal der Gaststätte „Zum Adler“. Büttenredner, Sänger und Musical-Sternchen wetteiferten beim NCC Rot-Weiß um den schrillsten Auftritt. Beliebtes Thema war dabei nicht die Wirtschaftskrise, sondern Niestes neues Wirtschaftswunder, die Königsalm. Die wäre doch ein Exportschlager für eine Großstadt wie Hamburg, sinnierten die bewährten „Schulfreundinnen“ in der Bütt, Carmen Walz und Anne Henkel. Die Landpomeranze Carmen („Ich hab’ ’ne Brocke Acker für die Königsalm verkauft und bin dann gleich mit dem ICE ab nach Hamburg) hatte eine zündende Geschäftsidee – Fensterln auf der Königsalm – und das notwendige Utensil, einen Leiter, gleich mitgebracht. Niestes Stimmwunder Alisa Zinke und ihr Onkel Patrick Schönewolf sangen im Duett eine Liebeshymne auf die Alm. Da braucht Nieste keinen Werbetexter mehr.

Zotig-freche Sprüche

Für Furore sorgten die Neulinge in der Bütt, und das in freier Rede. Allen voran Nico Barth, der als strapsbewehrter Dessous-Verkäufer mit zotig-frechen Sprüchen über die Beziehungen von Mann und Frau unterhalb der Gürtellinie die Grenzen des karnevalistischen Geschmacks testete. Seine Reizwäsche dürfte wenigstens die Frauen im Publikum hingerissen haben. Ansonsten kann man auf die Männer ja ruhig verzichten. Das machten zumindest Vanessa Kühlborn und Sarah Käse sowie Larissa Krüger im närrischen Streitgespräch mit ihrem Vater Volker klar. Büttenprofi Franz Pyszko glänzte mit einem Potpourri seiner besten Gags und warnte vor falscher Nostalgie.

Partyheuler

Die Sahnehäubchen des närrischen Abends servierten die vielen talentierten Tanzgruppen und die Sänger des Niester Karnevals, allen voran der stimmmächtige Sitzungspräsident Klaus Missing und der singende Landarzt Wilfried Kreisel. Letzterer ließ das Publikum mit seinen Partyheulern verzückt schunkeln. Die „Hells Bells“, die „Crazy Angels“, die „Funky Chilly Devils“, die „Wild Ladies“ und die „Girlfriends“ des NCC brachten schrille Tanzshows in aufwändigen, selbstgenähten Kostümen auf die Bühne.

Artistische Radschläge

Die Mädchen der Tanzgarden wirbelten anmutig über die Bühne. Für spektakuläre Tanzfiguren ist die Bühne zu klein. Hohes Bein und artistische Radschläge: Die blieben dem Tanzmariechen Jana Michel vorbehalten. Am Ende durften auch die Männer zeigen, was sie drauf haben: „De Grazien“ zelebrierten Hüttenzauber im Saal. ARTIKEL LINKS

Von Peter Dilling